Video
4:55 Min
1 Kanal / Splitscreen (25) / HD 1080p
stereo, englisch
Deutschland 2010
Videoinstallation
4:55 Min
3-Kanal / Splitcreen (75) / HD 1080p
Dolby Digital 5.1 / englisch
Synopsis:
Die 14-jährige THE SINGING STAR aus den USA singt Playback, VASSLI aus Norwegen schreit gleich selbst ins Mikro. Während der belgische BUILDING C brav die Gitarre zupft, findet sich langsam auch der Rest der User ein. Die Community ist komplett und das französische Männer-Duo JKINGJULIEN führen selbstsicher ihre einstudierte Tanzperformance auf. Die 12-jährigen Freundinnen JELLY BEAN JAYDEN üben hingegen noch in ihrem Zimmer, um den DAFT BODIES-Girls ebenfalls eine Video-Response zukommen zu lassen.
COPYCAT PACK 2.0 ist eine Video-Collage von 86 (31 – screening version)aufeinander synchronisierten YOUTUBE-Videos, deren Protagonisten den Song HARDER, BETTER, FASTER, STRONGER der französischen Elektro-Band DAFT PUNK choreographieren.
Seit nunmehr über zwei Jahren wachsen im sogenannten Web 2.0 Internet-Communities wie YOUTUBE, MYSPACE oder SECOND LIFE. In ihnen können die einzelnen User individualisierte Accounts zu Selbstdarstellungen oder gänzlich neuen Identitäten gestalten, die ihnen die Möglichkeit geben, mit einem dispersem Publikum zu kommunizieren.
In der Arbeit COPYCAT PACK 2.0 sind 31 von ca. 350 gesammelten Videos zu sehen, welche unter dem Suchbegriff HARDER BETTER FASTER STRONGER auf der Internetplattform YOUTUBE gesichtet und heruntergeladen wurden.
Bei den einzelnen Videos handelt es sich meist um narzisstische oder ironische Selbstinszinierungen. Dabei werden einstudierte Fähigkeiten zur Schau gestellt oder gewünschte Selbstbildnisse vermittelt, die von der Community möglichst positiv rezipiert werden sollen.
Philosophen wie HEGEL oder HOBBES hätten bei ihren Forschungen zum NATURZUSTAND des Menschen mit Sicherheit neue Entdeckungen an diesem anarchistischen CALL AND RESPONSE nach Anerkennung machen können. Heute nutzen Marktforschungsinstitute die FACEBOOKS der Gesellschaft für modernere Zwecke.
Der Kommunikator nährt dabei des Rezipienten genuine Neugier am virtuellen Gegenüber. Fasziniert erhält er einen scheinbar unbeobachteten und intimen Einblick in die Privatsphäre, der ihm in der Realität meist verwehrt bleibt.
Bei genauerer Betrachtung gewähren die einzelnen Videos einen mittelbaren Blick auf Charakter, Alter, Herkunft und sozialen Status, bei dem der Sender Gefahr läuft, dass sein konstruiertes Bildnis zum Abbild seines realen Selbst wird, dessen Unzulänglichkeiten er im wahren Leben oftmals peinlichst zu verbergen versucht.
Einmal hoch geladen, wird das einst private Video zum Allgemeingut. Dabei verliert der Urheber den Einfluss auf Veröffentlichung und Vervielfältigung seines Videos. Das Recht am eigenen Bild geht auf diese Weise, wenn auch nicht zwingend rechtlich, jedoch zumindest medial bedingt unwiderruflich verloren.
Transferiert man das Beschriebene auf das reale Leben, scheint dieser einhergehende Verlust der Kontrolle über die Privatsphäre teilweise undenkbar.
Was ist der Grund für dieses differente Verhalten? Was unterscheidet den User von der Person – oder die Community von der Gesellschaft? Ist es die scheinbare Anonymität und öffentliche Privatheit des World Wide Web oder liegt es an der habitualisierenden Wirkung des Mediums und dessen Eigengesetzmäßigkeiten, die durch nur einen Klick Absolution bei gleichgesinnten Usern verspricht?
Bewusst bedient sich die Videoarbeit COPYCAT PACK 2.0 der Gemeinschaft des SplitScreens und vermittelt so die Faszination des Web 2.0 mit all dessen verborgenen Gefahren.
Hintergrund:
Im Oktober 2001 veröffentlichte die französische Elektro-Band DAFT PUNK auf ihrem Album
DISCOVERY den Song HARDER, BETTER, FASTER, STRONGER. Der Titel gleicht einer Zeile der bekannten Eröffnungssequenz der Fernsehserie DER SECHS MILLIONEN DOLLAR MANN. Die Melodie basiert auf einem Sample des Liedes COLA BOTTLE BABY von EDWIN BIRDSONG.
Auslöser für den YOUTUBE-Buzz um den Song war ein am 6. Juni 2007 veröffentlichtes Video des Users AUSTIN HALL´10, in dem er die einzelnen auf seine Finger und Handflächen geschriebenen Wortsilben des Liedtextes wie bei einem Playback durch einstudierte Handbewegungen synchron zum Songtext zusammensetzte.
AUSTIN HALL´10 wurde daraufhin wegen der großen Popularität seines Videos im September 2007 bei der amerikanischen TV-Show ELLEN SHOW eingeladen, um sein Video dort live zu performen. Dies steigerte nochmalig den Bekanntheitsgrad des Videos und verschaffte dem
YOUTUBE-User einen Hauch von Ruhm.
Im Oktober veröffentlichten daraufhin zwei Amerikanerinnen die Video Response DAFT BODIES, in der sie mit beschrifteten Armen, Beinen und Hüften choreographisch zum Song(-text) tanzen. Bewegungen und Kopfbedeckung erinnern dabei an einen Roboter und sind thematisch an das futuristische Musikvideo INTERSTELLAR 555 von Daft Punk angelehnt.
Von den beiden Videos inspiriert entstehen bis heute auf YOUTUBE unzählige Covers und Remakes, aus denen eine kleine stellvertretende Auswahl in der Arbeit COPYCAT PACK 2.0 zu sehen ist.